SCHOOL(E)MOTIONS - Unbeschwerte Augenblicke in der Schule (2)

Venja Bennhardt

Der freie Fall

Der unbeschwerteste Moment war der, in dem ich fiel.
Zehn.
Ich stand auf dem Fensterbrett eines Fensters im vierten Stock. Das Fenster war geöffnet und spiegelte den morgendlichen Himmel mit seinen schlierenhaften Wolkenfetzen. Ich richtete den Blick in die Höhe. Irgendwo krächzte eine Krähe. Ihr heiserer Ruf hallte über den leeren Platz und durchdrang die Nebelschwaden, die auf dem Boden entlangkrochen.
Neun.
An meinen Zehenspitzen vorbei schaute ich nach unten. Wind zerrte an meinen Kleidern. Meine Hand krallte sich in die gelbe Mauer, so stark dass sich Splitter unter die Fingernägel gruben.
Doch ich spürte nichts.
Acht.
Wie lange hatte ich gewartet. Sekunden, Minuten und ewige Jahre. Eingesperrt zwischen den Mauern meines eigenen Charakters und Aussehens. Die Echos zahlreicher Stimmen spukten durch meinen Kopf. Sie kreischten und lachten.
Sieben.
Aufhören! Ich presste mir die Hände auf die Ohren.
Niemand hatte auf mich gehört. Tonnenschwere Eisengewichte an meinen Füßen, jeden Tag, bei jedem einzelnen verdammten Gang über den Flur.
Sechs.
Warum?
Wenige Zentimeter rutschten meine Füße nach vorne.
Verflucht habe ich jeden Morgen, an dem ich erneut aufstehen musste. Die leeren Tage ohne Verständnis.
Ich breitete meine Arme aus.
Willkommen, wollte ich sagen, willkommen, Komm zu mir, Ich warte auf dich.
Ich streckte die Handflächen nach oben. Keine Schuld lastete auf mir, nicht ein Hauch von Gewissensbissen, keine tonnenschweren Eisengewichte.
Fünf.
Federleicht.
Meine Knie beugten sich. Es war wie in einen Pool zu springen. Nur tiefer.
Vier.
Ich schloss die Augen.
Drei.
Es hatte lange genug gedauert.
Zwei.
Ich spürte schon jetzt das sanfte Kribbeln im Bauch. Mein Gewicht verlagerte sich nach vorne.
Eins.

 

Josip Burazin

Dienstag,3./4.Std

Früher hab ich mich jedes Mal gefreut, dass der Dienstag kommt. In der 3. und 4. Stunde stand Sport auf dem Plan.
Ich und meine Schulkameraden konnten es kaum erwarten in die Halle zu stürmen, uns umzuziehen und sofort mit dem Fußballspielen anzufangen. Zunächst stellten wir zwei faire Mannschaften zusammen. Alle waren größtenteils ausgezeichnete Fußballer, aber die zwei besten wählten meistens die Teams. Ein anderer und ich waren jedes Mal die beiden Torhüter und waren auch auf demselben Niveau. Einer von uns beiden wurde immer als erstes gewählt.
Unser Sportlehrer pfiff an und der Spaß begann. Schöne Tore, tolle Paraden, kreative Dribblings und vor allem Freude. Es kam ab und zu Rangeleien und Streitigkeiten, doch nach dem Spiel war es so, als ob nichts gewesen wäre.
Es gab für mich oft Siege, aber auch Niederlagen, doch es machte jedes Mal Spaß. Hier konnte ich mich austoben und meine Qualität im Tor zeigen. Es gab des Öfteren peinliche Aktionen, in denen man unnötige und haltbare Tore bekommen hat, aber auch spektakuläre Paraden und Reflexe habe ich gezeigt. Das Fußballspielen in der Halle hat mir viel mehr Spaß gemacht als draußen auf einen richtigen Fußballplatz.
Leider gingen diese zwei Stunden schnell vorbei, aber man durfte sich auf den kommenden Dienstag freuen. Sonst freut sich jeder auf den Freitag und auf das Wochenende, doch ich freute mich auch auf die neue Woche alleine wegen dem Sportunterricht.

 

Lisa Rückwardt

Entspann dich mal! (Als Romanauszug)

Pause, na endlich! Sehnsüchtig hatte ich bereits das Klingeln erwartet. Unser Klassenraum im vierten Stock, in dem wir heute Politik hatten, war heiß und stickig sobald die Sonne herauskam. Es ließ sich auch kein Fenster öffnen, da Schüler aus dem Fenster springen könnten. Ernsthaft, sie waren jetzt in der zehnten Klasse. Vorsichtig genug, um nicht rauszufallen, waren sie allemal und wenn jemand wirklich Selbstmord begehen wollte, würden ihn geschlossene Fenster auch nicht davon abhalten. Und wir müssen uns hier totschwitzen! Im Winter jedoch war es kaum besser: manchmal ließen sie ihre Jacken an, wenn es zu kalt wurde und die Heizungen mal wieder nicht funktionierten.
Eilig sammelte ich meine Sachen zusammen, nahm meine Tasche und ging zur Tür, wo Samira schon auf mich wartete. So selbstsicher stand sie da, sie war ja schließlich auch sehr hübsch und hatte einen tollen Körper. Kein Wunder, dass sie die Blicke der Jungen auf sich zog. Doch Samira interessierte so etwas kaum, sie strahlte mich an, als wäre ich der Sonnenschein persönlich. So war es immer bei ihr. Sobald wir zusammen waren, hatte ich das Gefühl, wichtig zu sein. Meine Meinung zählte auf einmal, jedenfalls oft. Samira hatte ihre ganz eigenen verrückten Ideen und zumeist setzte sie sie auch um.
Auf dem Schulhof setzten wir uns auf die Steintreppe zwischen den beiden Ebenen des Schulhofes. Im Sommer sah er sogar fast schön aus mit den Bäumen und Sträuchern. Alles war sattgrün und der Himmel war tiefblau, keine Wolke war am Himmel. Die Steine waren angenehm warm und Samira schloss sofort die Augen. Sie lehnte sich zurück und seufzte entspannt. Ich versuchte ein Gespräch mit ihr aufzubauen, merkte jedoch gleich, dass sie eigentlich keine Lust auf ein Gespräch hatte.
„Hast du jetzt schon einen Praktikumsplatz gefunden? Nächste Woche müssen wir uns schon entschieden haben!“
„Yepp.“ Kurze Antwort, keine Gegenfrage, ganz klar: sie war nicht erpicht zu reden. Trotzdem versuchte ich es weiter: „Ich hatte ja schon mal bei meinem Onkel nachgefragt, ob ich dort mithelfen könnte, aber eigentlich habe ich auf keinen Fall vor, Architekt zu werden, also warum sollte ich dorthin?“ Samira antwortete nicht gleich, sie richtete sich erst auf und sah mich aus ihren klaren blauen Augen an.
„Ach Jenny, du machst dir viel zu viele Gedanken. Das Praktikum ist nicht lebenswichtig.“
„Ich weiß, ich weiß, aber trotzdem soll es doch sinnvoll sein und Spaß machen, oder?“
„Ob es Spaß macht, oder nicht, entscheidest du doch selbst.“ Da könnte sie Recht haben, hat sie eigentlich immer. „Pass auf, fühlst du dich hier wohl?“ Eigenartige Frage. Konnte man sich allein schon aus Prinzip in der Schule wohl fühlen?
„Ich weiß nicht, nein, ich denke nicht.“
„Ich mich gerade schon. Es ist Pause, wir sitzen draußen in der Sonne; findest du das etwa nicht schön? Schließ mal die Augen!“ Zögernd tat ich, was sie sagte und lehnte mich auch ein wenig zurück. Es wurde plötzlich ziemlich laut. Der Geräuschpegel ist mir vorher gar nicht aufgefallen. Die Geräusche von lachenden und schreienden Kindern waren aber keinesfalls unangenehm, sie klangen eher nach…Sommerferien. Es klang nach Freibad und unbeschwerten Tagen.
„Und? Wie ist das? Du musst dich ja nicht ständig mit irgendwelchen Problemen auseinandersetzen.“
„Es ist wirklich entspannend, aber trotzdem ändert es nichts an meinem Problem, es löst sich ja nicht in Luft auf.“
„Jenny, Jenny, dass du mal entspannst, heißt ja nicht, dass du deine Probleme vergessen sollst. Du nimmst nur mal Abstand davon und gönnst dir eine kleine Pause.“
„Na gut, ich versuche es.“ Ich hatte gerade wieder die Augen geschlossen und versucht angestrengt, nicht an das Praktikum zu denken, da kam Samira mit der rettenden Idee.
„Hey Jenny. Hast du Lust das Praktikum bei einer Marketingfirma zu machen? Bestimmt nehmen die auch zwei Schüler auf.“
„Ich- ja, klar. Natürlich, das wäre super, dann könnten wir zusammen dorthin fahren!“ Das Praktikum in einer Marketingagentur zusammen mit Samira, besser könnte es nicht sein!
„Gut, dann wäre das Problem ja gelöst. Und jetzt: lasst uns schweigen und das Leben genießen!“ Ich grinste und schloss erneut meine Augen.

 

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